Quo vadis res publica? KontRolle rückwärts

 

„Res publica“ – die öffentliche Sache: Öffentlich geworden ist jetzt der geheime systematische und universelle Zugriff auf private Informationen unbescholtener Bürger im Daten- und Kommunikationsverkehr (insbesondere im Internet) durch Geheimdienste der USA und Großbritanniens, wohl unter dem Deckmäntelchen der Terrorabwehr. Dieser Zugriff stellt jedoch einen illegitimen Übergriff in Sachen Datenschutz von skandalösem Ausmaß dar. Spätestens nach diesen Erkenntnissen müsste man die prinzipielle Notwendigkeit bzw. Legitimation von Geheimdiensten und deren Funktion in einem freiheitlich-demokratischen und republikanischen Rechtsstaat neu diskutieren. Denn während private Informationen hemmungslos deprivatisiert werden, werden die Methoden der Datenbeschaffung und die Verwendung der gesammelten Daten ganz und gar nicht transparent gemacht. Und die Geheimdienste unterstehen selbst offenbar keiner (ausreichenden) Kontrolle. Das politische Prinzip der checks and balances ist damit außer kraft gesetzt. Eine solch groß angelegte Bespitzelung und Überwachung selbst der eigenen Bevölkerung erinnern eher an totalitäre, diktatorische Regime als an demokratische Rechtsstaaten.

 

Einmal mehr bestätigt sich der alte Ausspruch von Francis Bacon „Wissen ist Macht“. Deshalb darf in einer Demokratie, in der das Volk der Souverän des Staates ist, keine totale Informationshoheit und Wissenskonzentration beim Staat oder gar einzelnen im Geheimen operierenden Organisationen oder Behörden liegen. Man muss froh sein, dass dank eines äußerst mutigen Insiders wie Edward Snowden und unabhängigen Journalisten diese obskuren Machenschaften der Dunkelmänner ans Licht gebracht worden sind. Solange die Medien, gerade auch das Internet, noch frei und unabhängig sind und ihrer Aufgabe der öffentlichen Berichterstattung und investigativen Aufklärung und Kritik von Missständen nachkommen, ist die Republik noch einigermaßen intakt. Wenn allerdings diese Überwachungspraktiken bei den Bürgern nur Achselzucken oder gar Zustimmung hervorrufen, weil sie die Gefahr einer solchen Entwicklung verkennen, dann steht unsere offene und freiheitliche Gesellschaft bereits auf Messers Schneide. Denn wer weiß, ob mit diesen neuesten Erkenntnissen nicht nur die Spitze einer Flosse des Leviathan aufblitzt. Verschwörungstheorien gibt es ja mehr als genug und wen sollte das unter den gegebenen Umständen noch verwundern? Freilich muss man solchen spekulativen und teilweise abstrusen Theorien genauso skeptisch gegenüber stehen wie allzu verharmlosenden unkritischen Kommentaren. Die Demokratie erfordert den mündigen und engagierten Bürger.

 

Ich für meinen Teil hoffe, dass sich die Regierung der BRD in puncto Wahrung der Bürgerrechte besser zu verhalten weiß als die USA oder Großbritannien. Deutschland sollte diese Aktionen der ausländischen Geheimdienste verurteilen und sich seinerseits stärker dem Schutz seiner Bürger, u.a. durch legale und demokratisch legitimierte polizeiliche Sicherheitsmaßnahmen und Spionageabwehr, verschreiben, als solchen schlechten Vorbildern am Ende noch nachzueifern.

 

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