Eine Busfahrt

 

Verschlafen stand ich heute Morgen auf und eilte auf den letzten Drücker ohne Frühstück aus dem Haus. Ein kurzer Blick auf meine Armbanduhr bestätigte meinen Verzug und heizte mich zusätzlich an. Hoffentlich verpasse ich den Bus nicht, dachte ich mir, während ich schon nach ihm Ausschau hielt. Gerade noch rechtzeitig gelangte ich an die Bushaltestelle, die jeden Tag ein paar Meter weiter entfernt zu sein schien. Doch da ich, laut Fahrplan, noch pünktlich angekommen war, konnte ich in Ruhe ausschnaufen, denn aus Erfahrung wusste ich, dass grundsätzlich nur einer von uns pünktlich an der Bushaltestelle ankommt, entweder der Bus oder ich. Wenigstens war ich nach diesem kurzen Zwischensprint am Morgen wach geworden. Der Bus hielt direkt vor meinen Füßen, welch ein Service! Der Busfahrer schien wahrlich Übung in seinem Beruf zu haben. Da ich der Einzige war, der an dieser Haltestelle zustieg, musste ich noch nicht einmal drängeln, um als erster den Bus zu betreten und einen sicheren Sitzplatz zu ergattern. Ich stand also vor dem Busfahrer, der mich wie eine dicke Kröte im Winterschlaf mit müden, trägen Augen, die einen unsäglich gelangweilten Ausdruck ausstrahlten, anstarrte. Seine Mundwinkel hingen, genau wie seine Augenlider beinahe bis zu seinen Oberschenkeln herunter. Ich ließ mich nicht entmutigen und hielt ihm mit stolzgeschwellter Brust meine niegelnagelneue Monatskarte, die übrigens nicht billig war,  vor seine Nase. Und siehe da, das interessierte ihn ungefähr so viel wie ein Mückenschiss auf seiner Windschutzscheibe.

 

Leicht irritiert durch diese unfreundliche Begrüßung suchte ich nach einer neuen Herausforderung in meinem Leben. Und sie war schnell gefunden: Wo war wohl der beste Platz in diesem Bus? Selbstverständlich ganz hinten, auf der letzten Bank. Überraschenderweise war diese noch frei! Es befanden sich bisher kaum Fahrgäste im Bus. Diese Gelegenheit darf man sich nicht entgehen lassen! (...)

 


 

Ein traumhaftes Erlebnis

 

So lange suchte er bereits nach dem Mädchen, das in seiner Vorstellung schon mit ihm zusammen glücklich war, und an diesem sonnigen Dienstag schien der Tag ihres ersten Aufeinandertreffens endlich gekommen zu sein. Denn als er in das strahlende Antlitz eines fleischgewordenen Engels blickte und der warme, wohl gesonnene Blick wunderschöner brauner Augen bis in die Tiefe seines vereinsamten Herzens vordrang, dieses zu lebhaftem Pochen ermunterte, wusste er, dass dieses scheinbar unantastbare himmlische Geschöpf irdischer Herkunft, das so unendlich elegant und anmutig an ihm vorbeistreifte und dabei einen Hauch von Verführung hinterließ, dieses besagte mysteriöse Mädchen sein musste, das in seinen Träumen wohnte und ihn am Leben erhielt all die Jahre. Er drehte sich noch ein-, zwei-, dreimal nach ihr um, doch sie unterließ es leider, selbiges zu tun. Doch das störte ihn in diesem Moment gar nicht so sehr, denn er fühlte sich wie in einem seiner Träume. Er war noch betört und betäubt von dem überwältigenden Eindruck, den sie bei ihm hinterlassen hatte. Sie war einfach zu schön um wahr zu sein. Körperlos schwebte er hinter ihr her, während er langsam und widerwillig mit schweren Gliedern weiter seines Weges ging. Dieses Mädchen war vielleicht sein Schicksal, jedenfalls hatte die Sehnsucht nach Liebe diesen Gedanken in seinen Kopf gepflanzt. Jetzt war sie bereits fort, außer Reichweite und nach einem kurzen berauschenden Glücksgefühl traf ihn sogleich ein Gefühl schmerzender Wehmut, da ihm sein weiblicher Traum schon wieder entronnen war. Doch was hätte er schon tun können, hätte er sie denn so einfach auf der Straße ansprechen sollen? Hätte er ihr etwa tatsächlich hinterherlaufen sollen? Ja, Mann! Das hätte er tun sollen! Jetzt war sie fort und wer weiß, ob er sie jemals wiedersehen würde. Warum war er nur so dumm und feige? Doch wahrscheinlich hätte sie ihn sowieso nicht weiter beachtet und im Falle eines Annäherungsversuches hätte sie ihn sicherlich zurückgewiesen. Die Trauer angesichts dieser verpassten Chance eroberte sein ganzes Gemüt und er war hoffnungslos betrübt.

 

Doch damit war die Geschichte noch nicht zu Ende. Denn eines Tages sah er sie tatsächlich wieder und stand infolgedessen wie vom Donner gerührt da, mit weit geöffneten Augen und Mund. Er konnte es gar nicht fassen, doch ehe er lange überlegen konnte, stand sie plötzlich mit dem Rücken zu ihm vor ihm in der Schlange des Supermarktes. Er spürte, wie das Adrenalin in seine Adern schoss und sein Herz wild zu flattern begann, als wollte es vor lauter Aufregung davonfliegen. Was soll er jetzt tun, was soll er jetzt sagen? Irgendwas muss er jetzt zu ihr sagen. (....)