Das Leben ist ein abgefahrener Trip

 

Donald Trump wird also der 45. Präsident der Vereinigten Staaten von Amerika. Nein, das ist keine abgefahrene Idee für ein neues Reality-Doku-Format im Fernsehen! Oder etwa doch? Nun, die USA hatten bereits Präsidenten wie Richard Nixon, Ronald Reagan und George W. Bush, außerdem Arnold Schwarzenegger als Gouverneur von Kalifornien. Wieso sollte man also überrascht sein?

 

Allerdings hat dieser Kandidat so ziemlich alle Grenzen des Anstands und der guten Sitten in einem bislang unbekannten Ausmaß überschritten. Er hat nicht nur den politischen Gegner auf dem niedrigsten Niveau aller Zeiten beleidigt, sondern nebenbei so ziemlich jeden anderen gleich mit. Ausgelassen hat er lediglich Putin, Erdogan und Hitler. Dabei hat er alle Register der Psychologie und Propaganda-Rhetorik gezogen, ohne sich um Fakten und Wahrheit zu kümmern. Er spielte die Klaviatur des Populismus, der Polemik und der Pöbelei rauf und runter, und das derart professionell, dass er, trotz gegenteiliger Umfragewerte, die Wahl tatsächlich gewann. Natürlich hat das politische Establishment, insbesondere seine demokratische Gegenkandidatin Hillary Clinton, ihm dazu hervorragende Bedingungen geschaffen. Das politische System der USA (und anderer Demokratien) befindet sich in der Krise und das bedeutet nicht bloß eine Vertrauenskrise aufgrund von Dekadenz, Arroganz und Ignoranz der herrschenden Eliten gegenüber dem einfachen Volk, sondern sie ist auch bedingt durch die Krise des Wirtschafts- und Finanzsystems (im Zusammenspiel mit der daraus resultierenden Globalisierung). Das alles zusammen ergibt den perfekten Nährboden für populistische, autokratische Herrscher. Diesen Trend müssen wir leider in den meisten Demokratien feststellen und fühlen uns in vielerlei Hinsicht sehr an die 20er Jahre des letzten Jahrhunderts erinnert. Vielleicht liegt eine Ursache für diese Entwicklung darin, dass die Generation, die den 2. Weltkrieg noch selbst miterlebt hat (und damit die mahnende Erinnerung daran) mittlerweile fast ausgestorben ist.

 

Der Verlauf und das Ergebnis der US-Wahl sind äußerst besorgniserregend, doch in meinen Augen noch nicht das Schlimmste an dieser politischen Tragödie. Denn als Christ kann ich nicht ignorieren, dass ausgerechnet ein großer Anteil der Christen (insbesondere evangelikaler Richtung) für Trump votiert hat. Natürlich stellte Hillary Clinton mit all ihren Schwächen (Ehrgeiz, mangelnde Integrität und Ehrlichkeit) keine wirklich attraktive Alternative zu Donald Trump dar, dennoch wäre sie augenscheinlich das kleinere Übel gewesen, wenn man seine diffamierenden Aussprüche, seine Lügen und seine unberechenbare, unbeherrschte, narzisstische Persönlichkeit bedenkt. Im Übrigen wäre einem immer noch die Option geblieben, keinen von beiden zu wählen, wenn man es keinem der Kandidaten zutraut, das Amt des Präsidenten würdig auszufüllen. Doch in diesem Wahlkampf ging es vor allem darum, den jeweils anderen zu verhindern und Trump hat es geschafft, Clinton derart zu dämonisieren, dass viele Christen an die Wahlurnen bzw. Wahlautomaten stürmten, um sie als Präsidentin zu verhindern. Es erschreckt mich, wie leicht viele Christen sich anscheinend mit ein paar billigen Ködern einfangen lassen. Es genügt ihnen offenbar, dass sich jemand gegen den Islam, Abtreibung und Homosexualität ausspricht, damit sie alle anderen christlichen Werte bzw. Tugenden, wie Nächstenliebe, Barmherzigkeit, Feindesliebe, Ehrlichkeit, Solidarität, Toleranz, Demut, Sanftmut, Friedfertigkeit, Gastfreundlichkeit und Selbstdisziplin über Bord werfen. Natürlich tat die traditionelle Verbundenheit evangelikaler Christen mit der republikanischen Partei ihr Übriges dazu. Ich hoffe nur, dass sich (konservative) Christen hierzulande nicht ebenso leicht blenden und verführen lassen, nur weil Populisten die gewünschten Positionen bei wenigen Reizthemen besetzen.  

 

Nun ist Trump demokratisch gewählt, wenn auch mit weniger Stimmen als seine Kontrahentin Hillary Clinton. Das muss man schlechterdings anerkennen. Und gute Christen ordnen sich nicht nur ihrer Regierung unter (abgesehen von Handlungen, die Gottes Geboten widersprechen), sondern beten für die Regierenden und segnen sie, ganz egal, wie man zu den betreffenden Personen steht. Denn erstens wollen und sollen wir in Frieden leben und zweitens wissen wir, dass Gott selbst es ist, der alle Regierungen einsetzt und abberuft (vgl. Röm 13,1-3; Tit 3,1; 1. Tim 2,2). Wir können nicht beurteilen, welches Ziel Gott damit jeweils letztlich verfolgt. Die Bibel sagt uns aber, dass diese Welt ohnehin dem Untergang geweiht ist und Gottes Reich nicht von dieser Welt ist (vgl. Joh. 18,36). Deshalb werden wir nicht verzagen, sondern weiter auf unseren Herrn, Jesus Christus, vertrauen und hoffnungsvoll seine Wiederkehr erwarten. Maranatha!

 

 

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Kommentare: 3
  • #1

    Charly (Donnerstag, 01 Dezember 2016 17:38)

    Ich kann deine Gedanken gut nachempfinden. Ich versuche irgendwie zu verstehen, wie es sein kann, dass gerade Christen sich solchen Denken und Herzenshaltungen ergeben können. Stehen diese doch nach meinem Verständnis dem Charakter Gottes entgegen.
    Mein Erschrecken gilt aber auch dem, dass ich hier in Deutschland zunehmend beobachte, wie Christen mehr und mehr nach Rechts rücken. Und ich frage mich, wie ich damit umgehen soll: https://katalyma.wordpress.com/2016/09/18/wenn-befreundete-christen-mehr-und-mehr-nach-rechts-abdriften/
    Was tut man, wenn auch argumentieren und der Verweis auf Fakten und den offenbarten Charakter Gottes nicht weiterhilft?

  • #2

    Edwin Hadzic (Donnerstag, 01 Dezember 2016 18:27)

    Mit diesem Beitrag hast du mir aus dem Herzen gesprochen, Jan. Danke

  • #3

    Jan Nivell (Donnerstag, 01 Dezember 2016 22:29)

    Danke für eure Rückmeldung. Charly, wenn Argumente und biblische Verweise nicht mehr helfen, bleibt nur noch Beten. Man muss auch andere Meinungen respektieren. Doch wir sollten nicht nachlassen, uns, gemäß unseres Glaubens, in Liebe für Frieden, Gerechtigkeit, Wahrheit und Freiheit einzusetzen. Dabei halte ich es für vernünftig und sinnvoll, nicht in politischen bzw. ideologischen Kategorien wie Links/Rechts usw. zu denken, sondern einfach immer vom Evangelium und der Heiligen Schrift aus.