500 Jahre Reformation

 

Ein halbes Jahrtausend ist vergangen seit Martin Luther seine berühmten 95 Thesen an die Türe der Schlosskirche in Wittenberg genagelt hat (sofern er es denn eigenhändig getan hat). Das ganze Jahr wurde deshalb schon gefeiert und an dieses historische Ereignis und seine weitreichenden Folgen gedacht. Zu Recht? Ich meine ja, denn wenngleich Luther nur einer von mehreren Reformatoren war und seine Person sehr ambivalent im Glanz der Geschichte schillert, so muss die Reformation als Ganzes und auch Luther als Person aufgrund ihrer immensen Tragweite eine angemessene Würdigung erfahren. Diese Würdigung sollte jedoch auch mit dem gebotenen Ernst und der Betonung der theologischen Bedeutung einhergehen. Denn dies haben die evangelische wie auch die katholische Kirche heute nötiger denn je. Gerade das vermisst man aber leider schmerzlich. Die Feierlichkeiten rund um das Jubiläum haben eher den Charakter einer Jahrmarktsveranstaltung. Sie dienen vielmehr der Unterhaltung als der Erinnerung und Auseinandersetzung mit entscheidenden Glaubensfragen.

 

Dabei ist es ja nicht so, dass die Kirche dies nicht nötig hätte. Anhaltende Kirchenaustritte sind dabei, die Kirchen zu marginalisieren. Woran könnte das wohl liegen? Ein Blick in die Bibel, die uns Martin Luther als Erster ins Deutsche übersetzt hat, würde uns da enorm weiterhelfen. Doch das hat man sich, wie es scheint, in der evangelischen Kirche schon lange abgewöhnt. Die Kraft des Evangeliums, der guten Botschaft von der Rettung der Menschen von ihren Sünden durch Jesus Christus, Gottes Sohn, wird leichtfertig durch ein verwässertes, humanistisches Gutmenschentum ersetzt. Gott selbst in seiner Heiligkeit und seine Gebote werden nicht mehr ernst genommen. Das Wort Gottes wurde bis zur Unkenntlichkeit historisch-kritisch relativiert und dem Zeitgeist angepasst. Der Glaube ist saft- und kraftlos geworden, viele Christen hierzulande lau und ohne Mumm. Katholiken klammern sich noch immer an heidnisch eingefärbte Traditionen und Rituale. Und landeskirchliche Protestanten üben sich in politischem Engagement und humanistischem Liberalismus. Zugegeben, das ist eine vereinfachte und überspitzte Darstellung, Ausnahmen gibt es natürlich immer. Doch die Führung der Kirchen und das Gros der Christen bestimmt eben das Bild in der breiten Öffentlichkeit.

 

Was würde ein Martin Luther oder ein Johannes Calvin angesichts solcher Zustände der Kirche(n) tun und sagen? Vermutlich: „Eine neue Reformation muss her! Dringend!“ So etwas kann jedoch erfahrungsgemäß nicht von oben her geschehen, auch wenn Papst Franziskus gerade redlich versucht, den Vatikan und die römisch-katholische Kirche ein Stück weit von seiner Dekadenz und Verkommenheit zu reinigen. Eine echte, substantielle und nachhaltige Veränderung kann nur durch einen breiten Aufbruch bei der Basis kommen. Nur wenn Gott Menschen mit dem Heiligen Geist erfüllt, entsteht eine Kraft, die Erweckung und Transformation bewirkt. Dazu wiederum braucht es viel Gebet, echte Hingabe und eine Rückbesinnung auf die Bibel, das Wort Gottes, als verlässliche Richtschnur und Korrektiv. Immer wenn man den Boden der biblischen Wahrheit verlassen hat, führte das zu unseligen und unheilvollen Entwicklungen. Das muss man sogar Luther selbst vorwerfen, wenn er in manchen Fragen die Bibel außer acht gelassen hat (z.B. Antisemitismus, Säuglingstaufe oder Sonntagsheiligung) und Teile der Bibel (Jakobusbrief, Offenbarung) stiefmütterlich behandelt hat. Das Wort Gottes ist die Summe der ganzen Bibel, mit Jesus Christus im Zentrum. Von ihm her muss alles andere verstanden werden. Und zur Exegese und Deutung braucht es den Heiligen Geist. Die Ökumene, die heute so eifrig betrieben und angestrebt wird, kann nur dann segensreich sein, wenn sie diesen Grundsatz niemals verrät und sich zudem wieder auf die Wurzeln der Christenheit besinnt.        

 

   

 

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